30 Jahre Selbsthilfeverein Dorfgemeinschaft Thal

Anlässlich des Jubiläums 2019:

30 Jahre Selbsthilfeverein Thal – nur in sehr kurzen Zügen | von DI Walter Vögel, Obmann

Die gewisse „Depression“ in Thal ab Mitte der 80er Jahre ist Manchen noch in Erinnerung. Das „AUS“ für die Krone lag irgendwie in der Luft, aber das rasche Ende (1988) war wie ein Schock und es musste schnell gehandelt werden. Es war nämlich klar, dass ohne Gasthaus und Laden Thal im Lebensnerv für seine Zukunft getroffen war.

Not macht erfinderisch heißt es. Und so war es auch. Nach vielen Zusammenkünften in Thal und am Sulzberg wurde die Idee, sich als Verein zu organisieren immer konkreter. Bei der Vereinsbehörde musste das extra erklärt werden, denn einfach nur Selbsthilfeverein durften wir unseren Verein nicht nennen. Da musste mehr“ Fleisch an den Knochen“.

Nach der fulminanten Gründungsversammlung im Mai 1989 ging es mit dem Rückenwind von sehr, sehr vielen Thalerinnen und Thalern, von Freunden und Gönnern aus weitum ans Werk. Wir hatten Viele für unsere Idee gewonnen. Das Ziel, den Laden und die Wirtschaft zu sichern und zu entwickeln ging damit viel besser voran. Im Sommer 1989 ging es zur Sache, bei Oswalds Laden wurde der Anfang gemacht. Es folgte die Renovierung im 1. und 2. Zimmer in der Wirtschaft. Die Abbrucharbeiten und der Aufbau entwickelten eine große Dynamik und die Krone war zum Glück oft wie von Ameisen bevölkert.

Im Herbst, genauer gesagt am 20. Oktober 1989, war ein großer Tag. Der neue Laden wurde als Filiale des großen ADEG Geschäftes in Sulzberg von Thomas Wörndle übernommen und die Wirtschaft nahm wieder den Betrieb auf. Bescheiden zwar am Anfang, aber ein Glücksgefühl der Sonderklasse.

Soweit so gut, die erste Etappe war ziemlich schnell geschafft.

Das genaue Betrachten des Hauses bis in den letzten Winkel brachte auch die künftigen Herausforderungen buchstäblich ans Tageslicht! Das Dach musste saniert werden, die Fassade gegen die Rotach zu, die Heizung usf. Bereits im Herbst 1989 hatte sich Thomas Wörndle auch mit der Küche in der Krone angefreundet, das war für die folgenden 10 Jahre eine sehr gute Kombination von Laden und Gasthaus.

Und die Krone wurde insgesamt zu einem Fixpunkt im Dorf, sodass wir bald neue Investitionen wagten.

Eine besondere Leistung war der Generalumbau der Theke im Frühsommer 1990 in einem Zeitraum von wenigen Wochen (26.5. – 14. 6. 1990). Der Abbruch begann noch in der Nacht nach der Jahreshauptversammlung und war wenige Stunden vor der Fronleichnamsprozession fertig! Im selben Jahr wurde das 3. Zimmer in Angriff genommen, das bis dahin eine Abstell – und Rumpelkammer gewesen war.

1994/95 wurde der bis dahin abschüssige und „ausfransende“ Parkplatz generalsaniert. Diese Chance bot sich, weil das Doppelhaus Lang/Wirthensohn direkt angrenzend gebaut wurde.

Und manche, die dem SHV ein nur kurzes Leben prophezeiten, wurden eines Besseren belehrt, wir feierten im Herbst 1994 5 Jahre SHV. Mit einem kleinen Fest vor und in der Krone und zum ersten Mal mit einem Wein, extra für uns, dem ersten Thaler Schneigger. Die Vorbereitungen für die nächste große Bauetappe liefen an. Zunächst war an eine Konzentration von Feuerwehr und Musikverein im ehemaligen Stadel gedacht. Das sprengte jedoch den finanziellen und den Rahmen des Gebäudes völlig. Aber ein Ziel war es auch, auf Gleich mit dem Saalboden zu kommen und damit bereits den Rohbau für die Bühne zu haben. Im Sommer 1998 starteten wir, und profitierten erstmals von einem EU Förderprogramm. Im Frühjahr 1999 konnten bereits die Bank und der Musikprobenraum bezogen werden, der Jugendraum etwas später. 
Ziemlich genau zum Pfingsthochwasser 1999 feierten wir das 10 Jahres Jubiläum.

Für die rasche Komplettierung der Arbeiten am Dorfplatz waren lange Diskussionen über die Zahl der Kastanien und den Behinderteneingang in die Wirtschaft etwas hinderlich. Aber es könnte das Sprichwort gelten, was lange dauert wird endlich gut. Es wurden nicht 6, nicht 4, sondern 2 Bäume gepflanzt, dafür kam ein Brunnen dazu.

Das zweite Lebensjahrzehnt des SHV ab 1999 hatte eigentlich zwei Schwerpunkte.

  • Einmal ging es darum den Betrieb von Wirtschaft und Laden abzusichern und dafür stetig zu sorgen. Die Bonusaktion im Laden ist in dieser Zeit entwickelt worden.
  • Zum Zweiten verfolgten wir nun immer konkreter das lang gehegte Ziel, den „Kronesaal“ aus dem Dornröschenschlaf wach zu küssen.

Bis zur Verwirklichung des Thalsaals war es aber ein längerer Weg, als wir erahnten.

Ende Dezember 2006 starteten wir den Umbau und bereits ein halbes Jahr später konnten wir im Juni 2007 die erste Veranstaltung im wahrsten Sinne „feiern“. Der Thalsaal war und ist für unseren Verein mehr als alle Schritte davor eine Dauerherausforderung, die wir, glaube ich, in den letzten Jahren gut gemeistert haben. Dauerherausforderung deshalb, weil es immer etwas zu tun gibt. Ob Kulturprogramm, Workshop, Theater, Geburtstag, Hochzeit, Begräbnis, Konzert, Jahreshauptversammlung oder Präsentation, immer braucht es Vor- und Nachbereitungen …

Aber der Thalsaal ist in seiner Wirkung genau das, was wir in unseren Leitbildern für die Zukunft von Thal entworfen hatten. Die vielen, vielfältigen Veranstaltungen beweisen, dass auch viel Kreativität eine Bühne geboten wird. Es ist schon zwei Jahre her, dass wir das 10 Jahres Jubiläum mit einem feinen Sommerfest feiern konnten.

Thomas Wörndle war 1999 als Pächter des Gasthauses ausgeschieden, Werner Vögel folgte bis 2003, dann der Wechsel zu Rita und Rudi Leitner und ab 2005 hieß die Wirtin Anita Madlener bis Ende 2012, dann folgte für wenige Monate Armin Groß.

Im Herbst 2013 war die Gelegenheit gut, unsere Krone nach fast 25 Jahren gründlich zu erneuern. Dank einer ansehnlichen Erbschaft von Pfarrköchin Kathi Violand konnten wir einiges wagen, das sogenannte 3. Zimmer wurde komplett neu ausgebaut und heißt nun „Kathis Stube“. Die erfrischte „Krone“ fand ab April 2014 in Brigitte und Fritz Vetterl neue Pächter, denen es außerordentlich gut gelingt, Gasthaus und Thalsaal mit ihren kulinarischen Qualitäten „zu bespielen“.

Und wir wollten, dass in der Krone wieder jemand wohnt. So wurde 2016 der Beschluss gefasst, im Dachboden eine Wohnung einzubauen und zu vermieten. Gesagt, getan. Seit Sommer 2017 können wir eine knapp 90 Quadratmeter große Wohnung vermieten.

Ich bin froh, dass es nach anfänglicher Skepsis in der Gemeindestube seit vielen Jahren ein sehr gutes Verhältnis zu Bürgermeister und zur Gemeinde gibt. Die Arbeit des SHV war und ist Gemeindeentwicklungsarbeit für die nächsten Jahre und Jahrzehnte und ergänzt die Initiativen der Gemeinde sehr wesentlich. 

1989 – 2019

Auf der Bühne der Weltpolitik wird heuer des Falls der Berliner Mauer vor 30 Jahren gedacht, der Eiserne Vorhang fiel, die totalitären Staaten des Ostblocks hauchten ihre Macht aus, Perestroika und Glasnost sind Begriffe aus dieser Zeit …

Die Gründung des SHV in Thal war im Vergleich dazu eine Kleinigkeit, aber für unser Dorf schon etwas Besonderes.

Es ist angenehm zu hören, was Außenstehende zur Entwicklung in Thal sagen, weil zumindest das Gefühl entsteht, irgendwie „exotisch“ zu sein, aber es macht auch Mut und ein gewisses Lob empfängt man gerne. Scheinbar sind in Thal Dinge möglich, die eigentlich nach Lehrbuch unmöglich erscheinen. Soll uns das Stolz oder Angst machen? Ich meine ein wenig stolz schon, aber nicht überheblich.

Die nächsten Jahrzehnte?

Die Volksschüler von 2019 sind vielleicht (hoffentlich) die Vorstandsmitglieder im Selbsthilfeverein des Jahres 2039. Was bis dahin geschieht, ist nicht seriös vorauszusagen. Vieles aber ändert sich immer schneller und gleichzeitig gibt es immer mehr Menschen, die Angst haben vor dem Diktat der Geschwindigkeit und vor Vereinheitlichungen fast aller Lebensbereiche.
Cyber – und Hightechwelten und der Wunsch nach Natur und Ursprünglichkeit sind keine Gegensätze. Essen zu gehen im Spitzenrestaurant und am nächsten Tag bei Mc Donald´s auch nicht. Die Zahl sogenannter „Hybridkunden“ wird größer!

Große Einheiten haben hohe Anziehungskraft, obwohl sie für Viele bedrohlich wirken, gleichzeitig sehnen sich Menschen nach Klarheit und Durchschaubarkeit. Trotz vorfabrizierter Einheitslebensmittel auf der einen und kulinarischen Höhenflügen auf der anderen Seite, kann man mit Selbstgemachtem großen Eindruck machen. Kurz, die Welt wird einheitlicher und vielfältiger und schneller und wählerischer und differenzierter …. und nicht nur manchmal findet man diese Attribute in ein und derselben Person!

Thal wird sich verändern, wie sich die Gesellschaften und die Menschen verändern. In einer verwirrenden Vielfalt pflegen wir das Konzept von Kleinheit, aber nicht von Kleinkariertheit! Wir können Durchschaubarkeit und wirklich gute Qualitäten in vielen Bereichen bieten. Ich halte das für ein Potenzial in der Zukunft. Natürlich ist bei Veränderungen die Angst, Wohlgewohntes zu verlieren ständig da und oft auch nachvollziehbar. In der Zukunft wird es wichtig sein, mit einem Bein in Thal geerdet zu bleiben und mit dem anderen Neues zu entdecken und auf unseren kleinen Kosmos anzupassen. Ich denke ans Wohnen, ich denke an die Veränderungen in der Pfarre, ich denke an das Vereinsleben …
Wir sind nahe beim Ballungsraum Rheintal und profitieren vielfach von den Segnungen der Stadt – sollten uns aber hüten die Stadt im Dorf zu suchen. Im Übrigen dürfen wir dort, wo viele Menschen Urlaub machen würden, leben.

Der Selbsthilfeverein hat in den letzten 3 Jahrzehnten sehr viel bewegt und in Thal möglich gemacht. Wir können mutig in die Zukunft schauen und auf dieser guten Basis aufbauen.

Erfolg hat viele Väter und Mütter – wie man so sagt – und tatsächlich haben sehr sehr viele an dem Haus SHV mitgearbeitet und tun das immer noch. Allen einen herzlichen Dank.

veröffentlicht im Jahresbericht 2018 des Selbsthilfevereins Thal